Last updated on 6 January 2021
Und jetzt? Fängt, einmal mehr, insbesondere für die Schulen, aber auch für alle anderen, eine weitere Hängepartie an: Öffnen? Weiter geschlossen halten? Unterricht in Präsenz, in Hybrid, auf Distanz? Die Meinungen gehen auseinander; wirklich um Bildung und Lernen geht es dabei selten (4) – denn dann hätte man ja Schulen klare Ansagen gemacht, Lernen und pädagogische Konzepte priorisiert. Das ist nicht passiert, stattdessen kamen, teilweise im Stundentakt, neue Anordnungen insbesondere der Kultusminister:innen. Wer mag, kann die Entscheidungen der Politiker:innen je nach Bundesland und den anstehenden Wahlen nebeneinander legen – es sind deutliche Tendenzen erkennbar (5).
Inhaltlich ist fast alles gesagt – von der Friedrich-Ebert-Stiftung, von Expertenkreis Inklusive Bildung der Deutschen UNESCO-Kommission, von der Leopoldina (im August mit erfreulich vielfältigerer Autor:innenschaft als im Frühjahr), und auch hier auf dem Blog. Viele Schulen haben großartige Konzepte entwickelt; die rege Beteiligung am Deutschen Schulpreis Spezial 2021 für innovative Konzepte während Corona ist ein Beweis dafür. Aber sie sind damit weitgehend alleine gelassen oder sogar z.T. aktiv an der Umsetzung guter Konzepte gehindert worden (6).
Was Schulen – was alle – jetzt deshalb brauchen, ist ein Minimum an Planbarkeit. Wie MaiLab schon im April sagte – das Virus wird uns noch eine ganze Weile begleiten. Dafür braucht es deshalb jetzt kein hektisches Hin-und-Her mehr, sondern Verlässlichkeit und langfristige Strategien. Das bedeutet, wie es auch der Realschullehrerverband vorschlägt, verbindliche und bundesweite Stufenpläne, die epidemiologisch und NICHT politisch begründet sind:
- Präsenzunterricht ab Inzidenz X
- Hybridunterricht ab Inzidenz Y
- SalzH (schulisch angeleitetes Lernen zu Hause) ab Inzidenz Z.
Und ebenso: bundesweit geltenden Regeln für Schließungen nach diesen SELBEN Inzidenzen für alle anderen, Einzelhandel, kulturelle Einrichtungen, etc. Der November hat gezeigt, dass künstliche Unterscheidungen der Natur des Virus nicht gerecht werden (z.B. Läden 1 Person auf 10qm; außerdem das Treffen zweier Haushalte; Schule: weiterhin 34 Haushalte auf 60qm im Klassenzimmer, s. hier).
Entscheidend ist tatsächlich die Verbindlichkeit, denn Stufenpläne gab es bereits; verbindlich waren sie nicht.
Und bei der Umsetzung der Stufenpläne muss dreierlei im Blick behalten werden:
- welche Kinder und Jugendlichen können, aus verschiedensten Gründen, nicht zu Hause lernen – und wie können sie ein sicheres Umfeld dafür bekommen, in Schulgebäuden oder anderswo?
- wie wird sichergestellt, dass gerade Kinder mit Förderbedarfen zu ihrem Recht auf Bildung und Inklusion kommen (durchaus im Gegensatz zum 1. Lockdown, s. z.B. hier)?
- wie wird sichergestellt, dass Care Work ein ernstzunehmender Teil der Wirtschaft ist – auf dessen sorgsamer Erfüllung ein großer Teil der vermeintlich “realen” Wirtschaft beruht?
Dafür bedarf es Lösungen, z.B. im Rahmen des Seuchenschutzgesetzes, aber auch etwa in Form von bedingungslosen Grundeinkommen, die die Einzelnen nicht mehr von dem Kurz einzelner Arbeitgeber abhängig machen, sondern das Ganze in seinen systemischen Zusammenhängen betrachten. Und es bedarf einer Neudefinition von Arbeit, die sich von der künstlichen Trennung von Arbeit und Leben löst, die wir aus der Industrialisierung übernommen haben und die schon lange an vielen Stellen nicht mehr zeitgemäß ist; die Anwesenheit weder mit Arbeit noch mit Lernen verwechselt. Und es bedarf neuer Ideen, wie Arbeit und Lernen künftig aussehen können (Präsenzwochen in Schullandheimen z.B., so dass es tatsächlich Raum für das vielgepriesene soziale Lernen gibt, das im “normalen”, schon gar auf Hygienekonzepten ausgerichteten Beschulen, etc.).
Bisher, muss man festhalten, hat Deutschland die Krise verschwendet. Das lag nicht zuletzt an dem guten Krisenmanagement während der ersten Welle – “there’s no glory in prevention”. Es ist jetzt die Gelegenheit, wenigstens im zweiten Anlauf die Gelegenheit zu nutzen und mit Churchill im Hinterkopf langfristig Weichenstellungen vorzunehmen, die uns allen helfen: “Never waste a good crisis”. Oder in diesem Fall: “It’s not too late not to waste a good crisis”. Ideen gibt es genug, überall.
In diesem Sinne: allen ein frohes, krisennutzendes, wandlungsfreudiges 2021!
(1) Z.B. hier.
(2) So zu lesen im Situationsbericht vom 24.12. hier.
(3) So zu lesen im Situationsbericht vom 23.12. hier.
(4) So etwa Söder am 27.10.2020 zu Kitas und Schulen als Betreuungs-, nicht als Bildungseinrichtungen; nachzulesen hier.
(5) Hier die Termine für die Wahlen 2020.
(6) Z.B., wenn einer Berliner Schule der beantragte Hybridunterricht für Januar untersagt wird (personal communication), oder NRW Anfang November gute Konzepte des Distanzlernens verbietet .
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